Freie Zeit, selbst wählbares Material und ausgesuchte Spielgefährten: Beim Freispiel entfalten unsere Kinder ihre Potenziale, entdecken Interessen und Fertigkeiten, treten in Kontakt mit ihrer Gefühlswelt – und entwickeln Lösungskompetenz. Klingt gut, oder? Feel free, weiterzulesen.
Spielen ist ja ein in der UN-Kinderrechtskonvention verankertes Menschenrecht. Weil wir, so wie die allermeisten Säugetiere, einen instinktiven Spieltrieb in uns tragen. Und weil es auch genau dieses Spielen ist, das zur gesunden Entwicklung von Körper, Geist und Seele beiträgt. Dabei kommt gerade dem sogenannten „freien Spiel“ in der Kindheit heute mehr Bedeutung zu als früher. In Zeiten allgegenwärtiger Digitalisierung und gutmeinend vollgefüllter Terminkalender kommt das Freispiel nämlich häufig zu kurz. Und das ist schade bis schädlich.
Das freie Spiel von Kindern: Was es ist – und warum es so viel bringt
Reformpädagogin Maria Montessori betrachtete die Tätigkeit des Spielens nicht umsonst als die „Arbeit des Kindes“. Dabei hat gerade das freie Spiel einen wichtigen Platz. Dieses ergibt sich dann, wenn Kinder den Ort, das Material, den Ablauf und die Beteiligten ihres Spiels frei wählen können. Das Einzige, was die Erwachsenen vorgeben, ist der zeitliche Rahmen. Und der kann sinngemäß eher knapper (zwei Stunden bis zum Mittagessen) oder ganz grob (heute, bis es dunkel wird) sein. Ob der Nachwuchs mit Wasser, Wiese, Holz und Steinen den Garten in ein Rollenspiel-Theater verwandelt oder mit den Geschwistern im Wohnzimmer eine Tischhöhle baut, bleibt ihm überlassen. Einmischungen, beherzte Ratschläge und euphorische Optimierungstipps der Großen bleiben dafür bitte draußen. Die beste Unterstützung der Eltern fürs Freispiel ist es, zwar auf Abruf zur Unterstützung bereit zu stehen. Und sich aber ansonsten um ihr eigenes Ding zu kümmern.
Der hohe Wert des Freispiels
Wenn Kinder regelmäßig ihre freien Spielzeiten haben und das Freispiel in Ruhe auskosten können, tut sich ganz viel. Mit Fantasie und Kreativität entstehen aus Schachteln Raumschiffe – und aus Bauklötzen wie unseren bunten Bioblos und Polstern neue Universen. Im Rollenspiel alleine und mit anderen Kindern werden schöne oder schwierige Erlebnisse verarbeitet. Das Selbstbild wird geformt und gestärkt. Dazu entwickeln sich verschiedenste Kompetenzen – spielerisch und von ganz allein: Ob es nun darum geht, aus vorhandenem Material etwas zu erschaffen, Neues zu entdecken, das soziale Miteinander von Streit bis Konsens zu üben – oder sich „nur“ zu entspannen. Auch Tagträume sind nämlich etwas Wunderbares für Kinder, wenn nicht alle dreieinhalb Minuten ein besorgtes Elternteil hereinschaut und nach dem werten Befinden fragt. Oder gar bespaßen möchte. Dazu hat es Kinderbuch-Autorin Astrid Lindgren in einem ihrer bekanntesten Zitate gut auf den Punkt gebracht: "Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hinzuschauen."
Warum sich freies Spielen nicht gut einsperren lässt
Neben Alltag und sonstigen fix verankerten Aktivitäten bleibt im familiären Tagesplan häufig nur noch ein geringes Zeitbudget für Spontanes übrig. Auch zu eifriges elterliches Helikopterfliegen (sprich Überbehüten) oder Rasenmähen (also alle Wege immer schön freiräumen) schränkt die spielerische Freiheit massiv ein. Die vorher erwähnten Vorteile vom Freispiel kehren sich dann leicht in entsprechende Nachteile um: Wichtige Lernerfahrungen und Kompetenzen bleiben auf der Strecke. Die fantasievolle oder interessierte Beschäftigung alleine fällt immer schwerer – und die Flucht ins passive Abtauchen à la Fernsehen immer leichter. So wird die Beweglichkeit auf allen Ebenen mehr und mehr eingeschränkt.
Wie wir als Eltern das Freispiel unserer Kinder jederzeit fördern können
Weniger ist mehr. Das gilt nicht nur für Sonne und Kaffee (ja, leider). Sondern auch fürs Freizeitprogramm. Was gestrichen oder reduziert und dafür durch freie Spielzeit ersetzt werden kann, findet jede Familie ganz leicht selbst heraus. Ein guter Indikator für die Entscheidung ist der jeweilige Level an Freude, Spaß und Motivation. Ansonsten wird das Freispiel von Kindern durch die bereitwillige Bereitstellung von Zeit und Ruhe gefördert. Wenn dann noch tolles Material wie unsere pädagogisch wertvollen Bioblo-Bausteine zur Verfügung steht und die Erwachsenen in der Nähe bleiben, falls doch Hilfe benötigt wird – perfekt.
Und übrigens: Zu den auserwählten Spielkameraden zählen natürlich auch mal die Eltern, insbesondere dann, wenn die Kinder noch jünger sind. Dann dürfen auch wir etwas lernen. Zum Beispiel: Wertfrei mitzuspielen, ohne starre Regeln und Ziele zu definieren. Und einfach mal einzusteigen, ohne alles aus erwachsener Sicht optimieren zu wollen. Das ist dann genauso spirituell wie das Yoga-Training. Nur ohne Yoga und Training.
Wir wollen ja neugierig sein: Wie steht ihr selbst zur Freiheit fürs Freispiel? Lasst uns gerne eure Meinung da – am besten doch gleich als persönliches Briefchen.
Fotos: Bioblo, Shutterstock